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Umsetzung mit Augenmass?

17.08.2022 Albert Leiser

Knapp zwei Jahre ist es her, dass die Zürcher an der Urne der Velorouteninitiative überdeutlich zustimmten. Velorouten mussten schleunigst her! Doch jetzt, wo es an die Umsetzung geht, ist die Begeisterung hin.

Mit dem Veloroutenplan des Tiefbauamtes werden die Konsequenzen sichtbar. Die Velorouten brauchen Platz. Und wenn es in der Stadt an etwas fehlt, dann ist es genau das: Platz. Neuen schaffen geht nicht, also muss er irgendwie freigemacht werden. Wie macht man in der Stadt Zürich Platz frei? Man nimmt ihn den Autos weg, am liebsten, indem man Parkplätze aufhebt. Ersatzlos natürlich. 

Genau das soll nun passieren. Blaue Zonen lassen sich ohne grossen Aufwand reduzieren. Auf dem Papier mag das elegant aussehen und billig ist es ausserdem. Die Autos können ja in private Garagen verschwinden. Blöd nur, dass es diese vielerorts gar nicht gibt. 

All das hätte man schon vorher wissen können und die Verantwortlichen bei der Stadt wussten es auch. Falls nicht, haben sie den falschen Job. Hätten sie die Schwierigkeiten der Umsetzung aber an die grosse Glocke gehängt, wäre das Abstimmungsergebnis womöglich ungünstiger ausgefallen. Darüber, dass es nun Hunderte von Einsprachen gibt, sollten sie sich jedenfalls nicht ärgern. Sie haben sich das selber eingebrockt. Ehrlich wäre es gewesen, vor der Abstimmung aufzuzeigen, was die Velorouten in den Quartieren verdrängen. Einige Beispiele hätten genügt. Letztlich geht es der rot-grünen Mehrheit eben nicht nur um die Velorouten und die betroffenen Parkplätze, sondern um Umerziehung. Die Zürcher sollen aufs Auto verzichten. Die Stadt soll zur Velostadt werden. Koste es, was es wolle. Die Autos sollen weg. Und dazu ist die Aufhebung von Parkplätzen eine besonders geeignete Massnahme. 

Tatsache ist aber nun, dass die Velorouten-Initiative mit grossem Mehr angenommen wurde und umzusetzen ist. Die Stimmbürger bekommen jetzt den Unterschied zwischen Theorie und Praxis zu spüren – teilweise am eigenen Auto oder an dem ihrer Handwerker, Lieferanten etc. Das Mindeste, was man von den Verantwortlichen erwarten darf, ist, dass sie sich wenigstens bemühen, den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten gerecht zu werden. Alles über einen Leist schlagen, geht nicht.